Wie Sie hochwertige Kunststoffteile günstiger herstellen
Um hochwertige Kunststoffteile wie Duroplast schnell und in gleichbleibend hoher Qualität zu produzieren, benötigen Verarbeiter zu jedem Zeitpunkt des Formgebungszyklus Echtzeitzugriff auf vier Daten:
- Wie nahe sind Sie am Gelpunkt des Materials?
- Wie hoch ist die aktuelle Glasübergangstemperatur (Tg) des Materials?
- Was ist der aktuelle Aushärtungsgrad (DoC) des Teils?
- Und wo befindet sich die Fließfront in Ihrem Werkzeug zu diesem Zeitpunkt?
Diese vier wichtigen Datensätze zur Materialcharakterisierung sind in Echtzeit vom dielektrischen Überwachungssystem im Werkzeug von sensXPERT verfügbar.
Hochwertigere Teile schneller zu niedrigeren Kosten herstellen mittels Echtzeitdaten zur Materialcharakterisierung im Werkzeug
Gelpunkt
Wenn Sie wissen, wie nahe Sie am Gelpunkt sind, erhalten Sie viele nützliche Informationen darüber, wie der Vernetzungsprozess in Ihrem Werkzeug verläuft. Er gibt beispielsweise Auskunft darüber, welcher Anteil des Monomers bereits in ein Polymer umgewandelt wurde. Der Gelpunkt gibt Aufschluss darüber, wie die Umwandlung zwischen viskoser Flüssigkeit und elastischem Gel verläuft und ob das Polymer nicht mehr fließt. Letzteres zeigt an, ob das Material das Werkzeug vollständig ausfüllt oder vorzeitig erstarrt.
Wenn der Verarbeiter weiß, wie weit die Fließfront vorangeschritten ist und wie nahe man sich am Gelpunkt befindet, erhält er Informationen darüber, welche Maschinenparameter – z. B. Einspritzzeit und Druck – angepasst werden können, um das Füllen und Aushärten zu beschleunigen oder zu verlangsamen. Wenn der Gelpunkt erreicht ist und das Material nicht mehr frei fließt, steigt die Haftreibung zwischen Material und Werkzeugoberfläche drastisch an.
Ist das Werkzeug an dieser Stelle nicht ausreichend gefüllt, ist mehr Druck erforderlich, um das Material zu den Stellen zu drücken, die am weitesten von den Anschnitten entfernt sind. Dies kann zu mikroskopisch kleinen Schäden am Material (da Polymerketten gebrochen werden) und einer möglichen Versprödung des Teils führen.
Es handelt sich dabei um Fehler, die nicht sichtbar sind, auf die aber die im Werkzeug gewonnenen Daten hinweisen können. Wenn der Gelpunkt auftritt, bevor die Fließfronten konvergieren und sich vollständig vermischen, stellen die resultierenden Bindenähte potenzielle mechanische Schwachstellen im Bauteil dar, die auch optische Mängel aufweisen können.
Obwohl die verschiedenen Polymerfamilien und -typen unterschiedliche Gelpunkte haben, tritt der Gelpunkt bei einem bestimmten Material unabhängig von den Formgebungsbedingungen immer an demselben Punkt im Vernetzungsprozess auf. Da der Gelpunkt Ihnen jedoch Auskunft darüber gibt, wie weit die Vernetzung fortgeschritten ist, und da die Vernetzung von den Formgebungsbedingungen beeinflusst wird, können Sie durch diese Information feststellen, ob sich Ihr Formgebungsprozess beschleunigt oder verlangsamt.
Der Zugriff auf genaue Informationen über den Gelpunkt ist auch wichtig, wenn Materialien wie Harzmatten (Sheet Molding Compound, SMC) geformt werden, die zwischen dem Verbund- und dem Formgebungsschritt einen Reifungsprozess erfordern.
Wenn Sie versuchen, zu früh auszuhärten, bleibt keine Zeit für den Aufbau eines ausreichenden Vernetzungssystems, was zu einer Entspannungsreaktion nach der Formgebung und zu Verzug (Dimensionsänderungen) führen kann, was wiederum zu ernsthaften Qualitätsproblemen führt. Wenn Sie hingegen Material formen, das altert, wird seine Viskosität zu einem früheren Zeitpunkt ansteigen, was zu Ausschuss führt.
Glasübergangstemperatur (Tg)
Die Tg ist ein Maß für den Übergang zwischen einem starren, glasartigen Material und einem weichen, nachgiebigen Material, das sich unter Belastung bewegen kann. Sie gibt an, welche mechanische Leistung ein Material innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs erbringt.
Polymere, die bei Raumtemperatur flexibel sind, wie Silikonkautschuk und Polyurethanschaumstoffe, haben in der Regel eine Tg, die unter 0 °C liegt, während die Tg von Materialien, die bei Raumtemperatur starr sind, wie Epoxide und Vinylester, über 0 °C liegt. Die Tg ist sehr wichtig, wenn es darum geht, ein Material für ein Bauteil zu spezifizieren, da sie darüber bestimmt, in welchem Temperaturbereich das Material eine ausreichende mechanische Festigkeit aufweist.
Ebenso wie der Aushärtungsgrad ist auch die Tg eine wichtige Qualitätsmetrik nach der Formgebung, die mit Hilfe der dynamisch-mechanischen Analyse (DMA) oder des Differential-Scanning-Kalorimeters (DSC) geprüft werden kann. Tatsächlich sind die Tg und der DoC über die DiBenedetto-Gleichung direkt miteinander verbunden. Entsprechend ist die Tg vom DoC abhängig. Die Tg kann zwar nicht auf der Temperaturskala verschoben werden, wohl aber auf der Zeitskala. Dies ist eine weitere Möglichkeit, um sicherzustellen, dass Sie qualitativ hochwertige Teile produzieren, während Sie versuchen, Ihre Bearbeitungszeit zu verkürzen.
Ohne Echtzeit-Informationen zur Tg kann man nur feststellen, ob man im letzten Zyklus ein gutes Teil gefertigt hat, indem man es nach der Fertigung prüft – was Platz in der Fabrikhalle, Ausrüstung und einen Bediener erfordert, und dadurch zusätzliche Kosten verursacht und Zeit in Anspruch nimmt. Angesichts der Verzögerung zwischen der Fertigung und der Prüfung der Teile ist es außerdem wahrscheinlich, dass im Falle einer Prozessabweichung die nachfolgend geformten Teile, ebenfalls nicht den Spezifikationen entsprechen, was zu hohen Ausschussraten und in Folge zu höheren Kosten führt.
Durch die Echtzeit-Informationen zur Tg und den Aushärtungsgrad kann die QS direkt innerhalb des Werkzeugs durchgeführt werden, so dass die Notwendigkeit von nachgelagerten Prüfungen entfällt. Die Tg kann bei jedem Formgebungszyklus überprüft werden, um sicherzustellen, dass ein Teil den Spezifikationen entspricht, noch bevor das Werkzeug geöffnet und das Teil entformt wird.
Aushärtungsgrad (Degree of Cure, DoC)
Der Aushärtungsgrad eines duroplastischen Polymers gibt dem Verarbeiter Aufschluss darüber, wie weit die Vernetzung im Bauteil fortgeschritten ist – entweder während es sich noch im Werkzeug befindet oder nach der Entformung. Die ordnungsgemäße Aushärtung ist entscheidend für das Erreichen aller späteren Leistungskriterien eines Teils, einschließlich mechanischer Eigenschaften, Dimensionsstabilität, prozentualer Schrumpfung und chemischer Beständigkeit.
Bei vielen duroplastischen Materialien entformen die Verarbeiter die Teile, bevor sie vollständig ausgehärtet sind, um die Formzyklen zu verkürzen, die Kosten zu senken und eine Überaushärtung (und Versprödung) der Teile zu vermeiden. Es ist jedoch wichtig, dass alle Teile in der gleichen Phase und bei gleicher Leistung entformt werden, um Abweichungen zwischen den Chargen zu vermeiden. Im Werkzeug integrierten Sensorsystemen in Verbindung mit Maschinenlern-Algorithmen können dabei helfen.
Für Kunststoffverarbeiter ist der Aushärtungsgrad ebenso wie die Tg nützlich, um die Qualität des Teils zu prüfen. Und wie bei der Tg ermöglichen es die im Werkzeug integrierten dielektrischen Sensoren von sensXPERT, die nachgelagerte Qualitätskontrolle ins Innere des Werkzeugs zu verlegen.
Erkennung der Fließfront
Die Erkennung der Fließfront ist ein weiterer wichtiger Hinweis darauf, wie sich das Werkzeug mit Material füllt und ob das Material noch in Bewegung ist – mit anderen Worten, ob die Gelierung einen kritischen Punkt erreicht hat oder nicht. Sie liefert auch eine Momentaufnahme zu einem bestimmten Zeitpunkt über den Viskositätsgrad eines Materials – liegt er im Zielbereich oder ist er zu hoch oder zu niedrig – und darüber, ob die Prozessparameter angepasst werden müssen, z. B. durch Verkürzung der Einspritzzeit bei zu hoher Viskosität.
Informationen darüber, wie weit die Fließfront zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einer bestimmten Stelle im Werkzeug fortgeschritten ist, helfen auch festzustellen, ob das Material altert – entweder durch unsachgemäße Lagerung oder altes Material – und die Viskosität zu einem früheren Zeitpunkt ansteigt. Dies kann auch passieren, wenn Mitarbeiter kurze Pausen einlegen und das Material vorzeitig erwärmt wird oder zu lange aussteht, oder wenn das Werkzeug länger als normal geöffnet bleibt, während das Material eingelegt wird, wodurch die Innentemperatur des Werkzeugs absinkt. Die Prüfung auf Veränderungen in der Fließfront zu einem bestimmten Zeitpunkt hilft dabei, Hinweise auf Beschädigungen im Inneren des Teils zu erhalten, selbst wenn diese äußerlich nicht sichtbar sind.
Wie Sie sehen, können Echtzeitdaten zur Materialcharakterisierung den Formgebern helfen, ihre Prozesszyklen wissenschaftlich zu quantifizieren und die Formgebungsbedingungen anzupassen, um sicherzustellen, dass qualitativ hochwertige Teile wiederholbar, schnell und kosteneffizient hergestellt werden. In den kommenden Beiträgen werde ich näher darauf eingehen, wie unser System funktioniert und inwiefern es sich von anderen Systemen auf dem Markt unterscheidet.
Kritische Daten zur Materialcharakterisierung durch das Echtzeit-Sensorsystem von sensXPERT
- Gelpunkt: Zeigt an, wie die Vernetzung verläuft, ob das Material das Werkzeug vollständig oder unvollständig ausfüllt, und kann anzeigen, ob mikroskopische Schäden im Material auftreten und ob sich das Material an konvergierenden Fließfronten richtig vermischt.
- Glassübergangstemperatur (Tg): Gibt den Temperaturbereich an, in dem das Material eine angemessene mechanische Leistung erbringt, und ist daher nicht nur während des anfänglichen Prozesses der Teilespezifikation wichtig, sondern auch eine wertvolle Qualitätsmetrik. Das Werkzeug-Sensorsystem von sensXPERT ermöglicht es, diese Metrik direkt im Werkzeug zu erfassen.
- Aushärtungsgrad: Gibt an, wie weit die Vernetzung im Inneren des Teils fortgeschritten ist. Da die ordnungsgemäße Aushärtung entscheidend für das Erreichen aller nachfolgenden Leistungskriterien für das Teil ist, wird der Aushärtungsgrad als Qualitätsmetrik verwendet, um die Qualität des Formteils zu bestimmen. Das Werkzeug-Sensorsystem von sensXPERT ermöglicht es, diese Metrik direkt im Werkzeug zu erfassen.
- Erkennung der Fließfront: Zeigt an, wie sich das Werkzeug füllt, ob sich das Material noch bewegt, und zeigt außerdem die Viskosität des Materials an. Letzteres hilft bei der Fehlersuche in Bezug auf alterndes Material oder Material, das zu kühl geformt wird, weil das Werkzeug zu lange geöffnet war.